Original-Titel: | Resident Evil |
Herstellungsland: | Deutschland 2001 |
Regie: | Paul Anderson |
Buch: | Paul Anderson |
Darsteller: | Milla Jovovich
Michelle Rodriguez Heike Makatsch |
Anderson hatte es nicht leicht, wenn man sich die Spiele bzw. deren
Präsentation ansieht. Im ersten Teil setzten die Macher noch auf reale
Videos, die die Story einleiteten. Das Spiel selbst begann in einem alten
Haus und jagte dem Zocker schon mal eine Heidenangst ein. Mir persönlich
sagte der dieser Titel nicht besonders zu, was auch an der unmöglichen
Speicheroption lag.
Der zweite Teil verzichtete auf die Real-Videos und setzte statt dessen
auf hervorragende Renderszenen, die auch während des Spiels die Geschichte
weitererzählten. Dabei war die Darstellung von einer superben, zur
damaligen Zeit unerreichten Qualität (wer diese Szenen kennt, weiß
vielleicht, warum ich mir lieber ein "Resident Evil" statt eines "Final
Fantasy" als ersten komplett computeranimierten "Real-Film" gewünscht
hätte). Die Handlung begann in der Kleinstadt "Reccon City", die komplett
von Zombies beherrscht wurde, und führte später in das unter
der Stadt liegende Labor, in dem die Seuche, die Mensch und Tier in Mutanten
verwandelt, ihren Ursprung hat (der dritte Teil spielte zum gleichen Zeitpunkt
in genau derselben Stadt und verwendete sogar teilweise die gleichen Locations,
weshalb man eher von einer Erweiterung denn eines eigenständigen Titels
reden kann - der Begriff "Abzocke" kommt mir da sehr schnell in den Sinn).
Der Film siedelt seine Handlung irgendwo vor Anfang des zweiten Teils
der Spielserie an und versetzt ein Special-Forces-Team der Firma "Umbrella",
die für die Entwicklung des 'Virus' verantwortlich ist, in den riesigen
Komplex des unterirdischen Labors. Mit dabei sind Milla Jovovich als "Umbrella"-Mitarbeiterin,
die durch ein Entseuchungsmittel (vorübergehend) ihr Gedächtnis
verloren hat und ein Cop, der anscheinend eher zufällig in die Geschichte
schliddert.
Im unterirdischen Labor muß sich die zusammengewürfelte
Truppe nicht nur mit den wiedererweckten Leichen der ehemaligen Mitarbeiter
auseinandersetzen, sondern auch noch mit einer künstlichen Intelligenz,
deren Aufgabe es ist, unter allen Umständen einen Ausbruch des 'Virus'
zu verhindern.
Von den ersten Augenblicken an beginnt Anderson, den Zuschauer mit schnellen
Schnitten und Actionszenen, zwischen denen es kaum Ruhepausen gibt, zu
bombardieren. Die eher ruhige Erzählweise eines "Event Horizon" ist
einem extrem schnellem, teilweise aufdringlichem Stakkato von Szenenabfolgen
gewichen. Diese Art der Inszenierung wird dem Spiel nur teilweise gerecht,
denn zwischen den rasanten Action-Sequenzen gab es spannungsgeladene ruhigere
Phasen, in denen der Spieler immer mit einer unangenehmen Überraschung
rechnen mußte (ich denke da besonders an eine Szene im Polizeirevier,
in der ein Spiegel eine nicht ganz unwichtige Rolle spielte).
Ich könnte mir vorstellen, daß Anderson diesen Stil einsetzte,
weil er einen direkten Vergleich mit "Event Horizon" vermeiden wollte.
Andererseits soll die rasante Abfolge der Bilder wahrscheinlich sowohl
die Schwächen des Budgets kaschieren als auch helfen, allzu exessive
Splattereinlagen zu vermeiden. Daß hier der Regisseur durch die Auflagen
der Produzenten stark eingeschränkt wurde, steht für mich außer
Frage. Dies macht sich z. B. gerade in der "Dobermann"-Szene (diese Monster
stammen direkt aus der Spiel-Vorlage) bemerkbar: Man wird das Gefühl
nicht los, daß da mehr gedreht als eigentlich gezeigt wurde. Von
ca. 8 Einschüssen bekommt man nur schemenhaft einen einzigen zu sehen.
Auch die Zombie-Attacken wirken durch den fast völligen Verzicht auf
expliziten Splatter unfreiwillig harmlos (nicht falsch verstehen: Ich bin
kein Freund von selbstzweckhaft eingesetzten Gewaltexessen, wie sie z.
B. ein Lucio Fulci zelebriert hat. Allerdings wirken die Zombies in "Resident
Evil" vergleichsweise wie Vampire, die lediglich am Hals ihrer Opfer herumlutschen
statt mit Lust hineinzubeißen).
Andersons Absicht, den Zuschauer auf eine nicht enden wollende Achterbahn
zu schicken, in der Höhepunkt auf Höhepunkt folgt, geht denn
auch immer mehr nach hinten los, weil eine Steigerung des Tempos innerhalb
der auferlegten Regeln nicht mehr möglich ist. Als Vergleich ziehe
ich hier einmal den von mir sehr geschätzten Film "Aliens" von James
Cameron heran: Dort wird der Film langsam eingeleitet, um schließlich
(auf dem Planeten) den Zuschauer ebenfalls von Höhepunkt zu Höhepunkt
zu hetzen. Dabei wird der Spannungsbogen jedoch geschickt aufgebaut und
wieder ein wenig abgesenkt, um schließlich mit einer erneuten Steigerung
aufzuwarten, bis der Film im Endteil absolut zu explodieren scheint. Wer
den Film gesehen hat, erinnert sich mit Sicherheit an das erste Aufeinandertreffen
der "Marines" mit den Aliens, in der man das Geschehene vielfach nur schemenhaft
durch die Helmkameras der Soldaten präsentiert bekommt. Anderson spart
sich bei "Resident Evil" die gesamte Einleitung genauso wie ein An- und
Abflauen des Spannungsbogen und präsentiert die Action-Szenen ähnlich
wie in der obigen "Aliens"-Sequenz beschrieben. Wo Cameron vieles aussparte,
um es später explizit zu zeigen und dadurch eine Steigerung zu erzielen,
ist Anderson durch die Auflagen gezwungen, praktisch die ganze Zeit über
auf eine detaillierte Darstellung zu verzichten. Durch das geringe Budget
kann er sich gegen Ende nicht mal durch den vermehrten Einsatz von Spezialeffekten
steigern, so daß das eigentliche Finale (an das sich noch eine Art
"Epilog" anschließt) eher enttäuscht (ACHTUNG Spoiler: Der gebotene
"Endgegner" steht dann auch in keinem Vergleich mit dem des zweiten Teils
der Videospielserie. Ein zu immer bizarreren Formen mutierendes Monster
bekommt man nur im Ansatz zu sehen, wenngleich der Rest des Endes ziemlich
analog zu dem des Vorbildes ist).
Schauspielerisch kann aufgrund des Erzählstils kaum etwas geboten werden. Der größte Teil der Crew dient nur als Kanonenfutter und der verbleibende Rest ist fast die gesamte Restlaufzeit damit beschäftigt, vor den Zombies davonzulaufen oder sich einen aussichtslosen Kampf mit ihnen zu liefern; für eine ansprechende Charakterisierung ist da keine Zeit. Nebenbei nervt die KI namens "Red Queen" ganz schön. Sie wird holographisch durch ein Kind dargestellt und darf gemäß ihres Erscheinungsbildes auch ebensolche kindisch wirkenden Sprüche abgeben (zumindest ist das konsequent). Mir persönlich wäre es lieber gewesen, Anderson (der auch als Autor verantwortlich ist) hätte sich da an "HAL" aus "2001" orientiert und der 'künstlichen Intelligenz' ein eher kühles und sachliches Auftreten verpasst.
Der Streifen ist trotz der angesprochenen Mängel eine nette Action-Achterbahnfahrt, die sich fleißig bei mehr oder minder berühmten Vorbildern bedient und darüberhinaus etliche Referenzen auf die Computerspiele einstreut. Das Budget und die vorgegebene FSK-Freigabe (der Film ist immerhin eine deutsche Produktion) verhinderten, daß die Vorlage adäquat auf die Leinwand transferiert werden konnte. Geärgert über den Kino-Besuch habe ich mich nicht; vielleicht liegt es aber auch daran, daß ich nach den Vorgaben weit Schlimmeres erwartet hatte. Fans des Spiels werden eventuell enttäuscht sein; Gorehounds ist der Streifen nicht blutig genug. Das passiert halt, wenn man es allen recht machen möchte (ich will erst gar nicht mit der "Schere im Kopf" wegen herrschender Zensurpraxis etc. anfangen - die verminderte Konsequenz, was die Darstellung von Gewalt angeht, ist den Produzenten zuzuschreiben, die ein jüngeres Publikum ansprechen wollten).
Nach diesem Film würde es mich interessieren, was Anderson schaffen könnte, würde man ihm mal ein wirklich gutes Drehbuch in die Hand drücken oder ihm bei einem Projekt absolute Freiheit lassen. Zumindest handwerklich zeigt der Regisseur meiner Ansicht nach erneut, daß es ihm durchaus zuzutrauen wäre, einen anständigen Action-Horror-Film zu inszenieren. Immerhin beweist Anderson mit "Resident Evil" und "Event Horizon", daß er sowohl die eher ruhige als auch die actionbetonte Variante beherrscht - von den stimmungsvollen Bildern, die auch "RE" teilweise bietet, einmal abgesehen. Die letzten Sekunden von "RE" bieten (in Anlehnung auf den zweiten Teil der Saga) übrigens eine Art Vorschau auf einen Film, den ich im Nachhinein viel lieber gesehen gesehen hätte (dann allerdings auch mit der nötigen Konsequenz). Die superschlechten Kritiken hat der Regisseur meiner Ansicht nach trotzdem nicht verdient (vor allen Dingen nicht in Hinsicht auf "Event Horizon"). Nach "RE" muß Anderson allerdings aufpassen, daß er nicht zum Auftragsfilmer verkommt, der alle paar Jahre einen von geldgierigen Produzenten gestylten Möchtegern-Blockbuster in die Kinos bringen darf. Einen weiteren Lohnsklaven wie Michael Bay braucht kein Mensch.
Hinzuzufügen wäre noch, daß "Resident Evil" der international erfolgreichste deutsche Film aller Zeiten ist. Darüberhinaus kann ein Film, in dem Heike Makatsch das Zeitliche segnet (und das gleich zwei Male), nicht wirklich schlecht sein.