Resident Evil
Original-Titel: Resident Evil
Herstellungsland: Deutschland 2001
Regie: Paul Anderson
Buch: Paul Anderson
Darsteller: Milla Jovovich
Michelle Rodriguez
Heike Makatsch

Nachdem "Resident Evil" und seine Fortsetzungen als Computerspiel ein großer Erfolg war, war es nur eine Frage der Zeit, bis die Zombie- und Mutanten-Saga auch das Kinopublikum erschrecken würde. Die Fans jubilierten geradezu, als bekannt wurde, daß George A. Romero, der Urvater aller modernen Zombiefilme, an einem Drehbuch arbeite. Die Vorfreude wich bald Ernüchterung, als Romeros von Gewaltszenen wimmelndes Drehbuch abgelehnt wurde und außerdem das Gerücht aufkam, daß die Produktionsfirma unbedingt eine milde Freigabe des Films anstrebe. Es erschien mehr als fraglich, ob allzuviel von dem blutigen Stoff der Vorlage auch auf der Leinwand zu sehen sein würde.
Romero wurde durch Paul Anderson ersetzt, dessen letzter Film "Event Horizon" einen äußerst zwiespältigen, ja geradezu polarisierenden Eindruck hinterlassen hatte. Auch Andersons sonstige Filme (darunter die Videospiel-Verfilmung "Mortal Kombat" sowie "Soldier" mit Kurt Russel) liessen die Erwartungen nicht gerade in die Höhe schnellen.

Anderson hatte es nicht leicht, wenn man sich die Spiele bzw. deren Präsentation ansieht. Im ersten Teil setzten die Macher noch auf reale Videos, die die Story einleiteten. Das Spiel selbst begann in einem alten Haus und jagte dem Zocker schon mal eine Heidenangst ein. Mir persönlich sagte der dieser Titel nicht besonders zu, was auch an der unmöglichen Speicheroption lag.
Der zweite Teil verzichtete auf die Real-Videos und setzte statt dessen auf hervorragende Renderszenen, die auch während des Spiels die Geschichte weitererzählten. Dabei war die Darstellung von einer superben, zur damaligen Zeit unerreichten Qualität (wer diese Szenen kennt, weiß vielleicht, warum ich mir lieber ein "Resident Evil" statt eines "Final Fantasy" als ersten komplett computeranimierten "Real-Film" gewünscht hätte). Die Handlung begann in der Kleinstadt "Reccon City", die komplett von Zombies beherrscht wurde, und führte später in das unter der Stadt liegende Labor, in dem die Seuche, die Mensch und Tier in Mutanten verwandelt, ihren Ursprung hat (der dritte Teil spielte zum gleichen Zeitpunkt in genau derselben Stadt und verwendete sogar teilweise die gleichen Locations, weshalb man eher von einer Erweiterung denn eines eigenständigen Titels reden kann - der Begriff "Abzocke" kommt mir da sehr schnell in den Sinn).

Der Film siedelt seine Handlung irgendwo vor Anfang des zweiten Teils der Spielserie an und versetzt ein Special-Forces-Team der Firma "Umbrella", die für die Entwicklung des 'Virus' verantwortlich ist, in den riesigen Komplex des unterirdischen Labors. Mit dabei sind Milla Jovovich als "Umbrella"-Mitarbeiterin, die durch ein Entseuchungsmittel (vorübergehend) ihr Gedächtnis verloren hat und ein Cop, der anscheinend eher zufällig in die Geschichte schliddert.
Im unterirdischen Labor muß sich die zusammengewürfelte Truppe nicht nur mit den wiedererweckten Leichen der ehemaligen Mitarbeiter auseinandersetzen, sondern auch noch mit einer künstlichen Intelligenz, deren Aufgabe es ist, unter allen Umständen einen Ausbruch des 'Virus' zu verhindern.

Von den ersten Augenblicken an beginnt Anderson, den Zuschauer mit schnellen Schnitten und Actionszenen, zwischen denen es kaum Ruhepausen gibt, zu bombardieren. Die eher ruhige Erzählweise eines "Event Horizon" ist einem extrem schnellem, teilweise aufdringlichem Stakkato von Szenenabfolgen gewichen. Diese Art der Inszenierung wird dem Spiel nur teilweise gerecht, denn zwischen den rasanten Action-Sequenzen gab es spannungsgeladene ruhigere Phasen, in denen der Spieler immer mit einer unangenehmen Überraschung rechnen mußte (ich denke da besonders an eine Szene im Polizeirevier, in der ein Spiegel eine nicht ganz unwichtige Rolle spielte).
Ich könnte mir vorstellen, daß Anderson diesen Stil einsetzte, weil er einen direkten Vergleich mit "Event Horizon" vermeiden wollte. Andererseits soll die rasante Abfolge der Bilder wahrscheinlich sowohl die Schwächen des Budgets kaschieren als auch helfen, allzu exessive Splattereinlagen zu vermeiden. Daß hier der Regisseur durch die Auflagen der Produzenten stark eingeschränkt wurde, steht für mich außer Frage. Dies macht sich z. B. gerade in der "Dobermann"-Szene (diese Monster stammen direkt aus der Spiel-Vorlage) bemerkbar: Man wird das Gefühl nicht los, daß da mehr gedreht als eigentlich gezeigt wurde. Von ca. 8 Einschüssen bekommt man nur schemenhaft einen einzigen zu sehen. Auch die Zombie-Attacken wirken durch den fast völligen Verzicht auf expliziten Splatter unfreiwillig harmlos (nicht falsch verstehen: Ich bin kein Freund von selbstzweckhaft eingesetzten Gewaltexessen, wie sie z. B. ein Lucio Fulci zelebriert hat. Allerdings wirken die Zombies in "Resident Evil" vergleichsweise wie Vampire, die lediglich am Hals ihrer Opfer herumlutschen statt mit Lust hineinzubeißen).
Andersons Absicht, den Zuschauer auf eine nicht enden wollende Achterbahn zu schicken, in der Höhepunkt auf Höhepunkt folgt, geht denn auch immer mehr nach hinten los, weil eine Steigerung des Tempos innerhalb der auferlegten Regeln nicht mehr möglich ist. Als Vergleich ziehe ich hier einmal den von mir sehr geschätzten Film "Aliens" von James Cameron heran: Dort wird der Film langsam eingeleitet, um schließlich (auf dem Planeten) den Zuschauer ebenfalls von Höhepunkt zu Höhepunkt zu hetzen. Dabei wird der Spannungsbogen jedoch geschickt aufgebaut und wieder ein wenig abgesenkt, um schließlich mit einer erneuten Steigerung aufzuwarten, bis der Film im Endteil absolut zu explodieren scheint. Wer den Film gesehen hat, erinnert sich mit Sicherheit an das erste Aufeinandertreffen der "Marines" mit den Aliens, in der man das Geschehene vielfach nur schemenhaft durch die Helmkameras der Soldaten präsentiert bekommt. Anderson spart sich bei "Resident Evil" die gesamte Einleitung genauso wie ein An- und Abflauen des Spannungsbogen und präsentiert die Action-Szenen ähnlich wie in der obigen "Aliens"-Sequenz beschrieben. Wo Cameron vieles aussparte, um es später explizit zu zeigen und dadurch eine Steigerung zu erzielen, ist Anderson durch die Auflagen gezwungen, praktisch die ganze Zeit über auf eine detaillierte Darstellung zu verzichten. Durch das geringe Budget kann er sich gegen Ende nicht mal durch den vermehrten Einsatz von Spezialeffekten steigern, so daß das eigentliche Finale (an das sich noch eine Art "Epilog" anschließt) eher enttäuscht (ACHTUNG Spoiler: Der gebotene "Endgegner" steht dann auch in keinem Vergleich mit dem des zweiten Teils der Videospielserie. Ein zu immer bizarreren Formen mutierendes Monster bekommt man nur im Ansatz zu sehen, wenngleich der Rest des Endes ziemlich analog zu dem des Vorbildes ist).

Schauspielerisch kann aufgrund des Erzählstils kaum etwas geboten werden. Der größte Teil der Crew dient nur als Kanonenfutter und der verbleibende Rest ist fast die gesamte Restlaufzeit damit beschäftigt, vor den Zombies davonzulaufen oder sich einen aussichtslosen Kampf mit ihnen zu liefern; für eine ansprechende Charakterisierung ist da keine Zeit. Nebenbei nervt die KI namens "Red Queen" ganz schön. Sie wird holographisch durch ein Kind dargestellt und darf gemäß ihres Erscheinungsbildes auch ebensolche kindisch wirkenden Sprüche abgeben (zumindest ist das konsequent). Mir persönlich wäre es lieber gewesen, Anderson (der auch als Autor verantwortlich ist) hätte sich da an "HAL" aus "2001" orientiert und der 'künstlichen Intelligenz' ein eher kühles und sachliches Auftreten verpasst.

Der Streifen ist trotz der angesprochenen Mängel eine nette Action-Achterbahnfahrt, die sich fleißig bei mehr oder minder berühmten Vorbildern bedient und darüberhinaus etliche Referenzen auf die Computerspiele einstreut. Das Budget und die vorgegebene FSK-Freigabe (der Film ist immerhin eine deutsche Produktion) verhinderten, daß die Vorlage adäquat auf die Leinwand transferiert werden konnte. Geärgert über den Kino-Besuch habe ich mich nicht; vielleicht liegt es aber auch daran, daß ich nach den Vorgaben weit Schlimmeres erwartet hatte. Fans des Spiels werden eventuell enttäuscht sein; Gorehounds ist der Streifen nicht blutig genug. Das passiert halt, wenn man es allen recht machen möchte (ich will erst gar nicht mit der "Schere im Kopf" wegen herrschender Zensurpraxis etc. anfangen - die verminderte Konsequenz, was die Darstellung von Gewalt angeht, ist den Produzenten zuzuschreiben, die ein jüngeres Publikum ansprechen wollten).

Nach diesem Film würde es mich interessieren, was Anderson schaffen könnte, würde man ihm mal ein wirklich gutes Drehbuch in die Hand drücken oder ihm bei einem Projekt absolute Freiheit lassen. Zumindest handwerklich zeigt der Regisseur meiner Ansicht nach erneut, daß es ihm durchaus zuzutrauen wäre, einen anständigen Action-Horror-Film zu inszenieren. Immerhin beweist Anderson mit "Resident Evil" und "Event Horizon", daß er sowohl die eher ruhige als auch die actionbetonte Variante beherrscht - von den stimmungsvollen Bildern, die auch "RE" teilweise bietet, einmal abgesehen. Die letzten Sekunden von "RE" bieten (in Anlehnung auf den zweiten Teil der Saga) übrigens eine Art Vorschau auf einen Film, den ich im Nachhinein viel lieber gesehen gesehen hätte (dann allerdings auch mit der nötigen Konsequenz). Die superschlechten Kritiken hat der Regisseur meiner Ansicht nach trotzdem nicht verdient (vor allen Dingen nicht in Hinsicht auf "Event Horizon"). Nach "RE" muß Anderson allerdings aufpassen, daß er nicht zum Auftragsfilmer verkommt, der alle paar Jahre einen von geldgierigen Produzenten gestylten Möchtegern-Blockbuster in die Kinos bringen darf. Einen weiteren Lohnsklaven wie Michael Bay braucht kein Mensch.

Hinzuzufügen wäre noch, daß "Resident Evil" der international erfolgreichste deutsche Film aller Zeiten ist. Darüberhinaus kann ein Film, in dem Heike Makatsch das Zeitliche segnet (und das gleich zwei Male), nicht wirklich schlecht sein.


2002 Hannes Schwarz