Special: Partyfilme
Dieses Special ist einem Genre gewidmet, das als solches in keinem Lexikon erwähnt wird: dem ultimativen Partyfilm. Es ist eines der schwierigsten Genres überhaupt, denn ein Partyfilm muß nicht nur unterhaltsam und sehr komisch, sondern auch auf seine eigene Art originell und außergewöhnlich sein. Dabei kann es durchaus passieren, daß den Machern überhaupt nicht klar war, daß ihr Werk in diese Sparte einzuordnen ist: Im idealen Fall ist der ultimative Partyfilm nicht bewußt komisch inszeniert, sondern erweist sich aufgrund total dilletantischer Special Effects, saublöder Handlung und miesester Knallchargen in Verbindung mit hirnverbrannten Dialogen als echter Brüller. Bei diesen wirklich raren Meisterwerken ist es nicht einmal wichtig, sie gesamt zu sehen. Den Party-Quotienten dieser Filme kann man am einfachsten berechnen, indem man die Anzahl der Szenen, die beim Publikum, das sich hoffentlich bereits in die richtige Stimmung gesoffen hat, wahre Lachstürme und Tränen der Begeisterung (oder vielmehr des Unglaubens) auslösen, aufaddiert. Die unwichtigen Teile kann man dabei getrost mit der Bildsuchlauftaste überspringen (Vorsicht! Ich spoilere ein wenig).

Mein absoluter Liebling dieser Gattung ist der strunzblöde asiatische Streifen Story of Ricky. Der titelgebende Ricky verkörpert einen Strafgefangenen, der sich gegen ganz fiese Mithäftlinge und den sadistischen Direktor des Zukunftsknastes nebst Anhang in Form seines fettleibigen debilen Sohnes zur Wehr setzen muß. In Rückblenden wird geschildert, wie Ricky das Kämpfen lernte und warum er schließlich im Bau landete - aber das interessiert im Grunde keine Sau. Viel wichtiger sind die zahlreichen Kämpfe und Schikanen, denen Ricky ausgesetzt wird. In absolut durchschaubarer Weise wird dabei gesplattert, was das Silikonbudget hergab. Da knotet Ricky schon mal einen zerissenen Muskel in seinem Arm zusammen und ist danach wieder wie neu; da versucht ein Angreifer, den Held mit seinem Dickdarm zu erwürgen, den er sich aus seinem vorher selbst aufgeschnittenen Bauch besorgt hat. Der gesamte Müll wird ohne jeden Hauch von Selbstironie serviert, so daß man aus dem Lachen kaum heraus kommt. Mein besonderer Dank gilt den Synchronleuten, die hier einen überraschend passenden Beitrag ablieferten: Selten habe ich solch unbeteiligte Sprecher mit derart dämlichen Texten gehört (Auftritt Wächter: "Der blutet ja wie 'ne Sau! So 'ne Scheisse!" Abgang Wächter). Ein Brüller ist auch, daß dieser hirnlose Schund in Deutschland beschlagnahmt ist. Der Film verstößt zwar gegen die Würde jedes intelligenten Zuschauers, scheint mir aber kaum geeignet, diese moralisch oder ethisch zu desorientieren (wer sich den Scheiss anschaut, hat eh schon jede Orientierung verloren). Glaubt mir, Leute, der Film durchschlägt jegliche Bewertungsskala nach unten und ist deshalb absolut empfehlenswert.

Nicht ganz so schlecht (d. h. auf der Partyfilm-Skala nicht ganz so hoch einzustufen) ist Angriff der Riesenspinne. In diesem Meisterwerk, das Hahn/Jansen in ihrem "Lexikon des SF-Films" als "Schwachsinn ohnegleichen" bewerten, wird irgendein uninteressantes amerikanisches Kaff von außerirdischen Spinnen attackiert. Anfangs sehen diese possierlichen Tierchen noch wie die normale Vogelspinne von nebenan aus und werden schon mal von einer Hausfrau mit dem Bügeleisen geplättet (daß wir es nicht mit normalen Spidies zu tun haben, erkennt man daran, daß sich die Überreste wie Kaugummi ziehen). Einer der Achtbeiner hat keinen Bock auf frühzeitigen Tod durch Haushaltsgeräte und eifert ein wenig dem berühmten Vorbild "Tarantula" nach. Das klar als Stofftier zu erkennende Viech wird dann zur Erheiterung schon mal auf eine Frau geworfen oder von einem Auto umgefahren. Den Vogel schoß die F/X-Crew allerdings mit der Gestaltung des schließlich personenwagengroßen Monsters ab. Wer glaubte, die Qualität der Tricks des Arnold-Klassikers "Tarantula" seien für einen Film von 1975 mindestens der Maßstab, den es zu erreichen gilt, wird hier eines besseren belehrt. Während man 1955 eine echte Vogelspinne in die Bilder einkopierte, reicht hier ein plüschiger Volkswagen, wobei die Beine der Spinne, die offensichtlich von den Insassen bewegt werden, niemals den Boden berühren noch sonstwie realistisch agieren. Als Einsteiger für eine feuchtfröhliche Videoparty kann ich den Streifen trotz einiger Längen (wie gesagt: Vorspultaste! Mehr als eine halbe Stunde von diesem Müll erträgt kein Mensch) nur empfehlen.

Eine Komödie der besonderen Art ist der hierzulande bisher nicht erschienene C-Film Psychos in Love, der höchstens einer kleinen Reihe von Moviemaniacs bekannt sein dürfte. Der Held ist ein Kneipenbesitzer, der nicht nur Trauben wie die Pest hasst, sondern nebenbei noch einem ungewöhnlichem Hobby frönt. Wenn er nicht die ewig gleichen Gäste in seiner Kneipe bedient, die jeden Abend der gleichen gelangweilten Stripperin zusehen, killt er ganz gerne Frauen. Irgendwann lernt er die Liebe seines Lebens kennen, die sein etwas ungewöhnliches Interesse teilt. In der Folge ergeben sich ein paar der absurdesten und schwarzhumorigsten Szenen, die ich jemals auf dem Bildschirm erlebt habe. Dabei präsentiert sich der Streifen unblutiger als der Titel oder das Cover es vermuten lassen. Zwar sieht man dem Streifen an, daß er nicht mehr als das Filmmaterial, auf dem er gedreht wurde, gekostet hat (plus der alkoholischen Getränke für alle Beteiligten, was wahrscheinlich den Löwenanteil der Kosten ausgemacht hat), trotzdem verströmt er einen naiv anmutenden Charme, obwohl (oder gerade weil) manche Szene weit jenseits des guten Geschmacks angesiedelt ist. Besonders in Erinnerung blieb mir dabei eine Szene, in der unsere beiden Liebenden einen ganz normalen Beziehungsstreit austragen und quasi nebenbei eine Frau, die immer wieder aufsteht und unsere beiden Helden attackiert, wegmeucheln, bis er angenervt fragt: "Who is she? The Terminator?" Ich hoffe, daß sich endlich mal eines der kleineren Labels (besonders CMV) dieses Filmes annimmt und würdig auf DVD bannt. Übrigens sorgt selbst der Abspann noch für einige Lacher.

Bleiben wir bei psychopathischen Massenmördern und im Bereich des ganz billig produzierten Films. Mike Mendez' Killers ist ein leider sehr unterschätzter kleiner Streifen, der mit zunehmender Laufdauer immer mehr Spaß macht. Die Story beginnt banal und parodiert ein wenig "Natural Born Killers": Zwei Brüder, die ihre Eltern aus Spaß weggemeuchelt haben, brechen kurz vor der Hinrichtung aus und nisten sich in dem obligatorischen Kleinkaff bei einer Familie ein, die sie fortan terrorisieren. Nach etwa einer halben Stunde erlebt man einen der unglaublichsten Story-Twister der Filmgeschichte und der Streifen dreht total ab und auf. Auf guten Geschmack oder sonstige peinliche Sehgewohnheiten wird keine Rücksicht mehr genommen; hier wird karikiert und überzeichnet, was das Genre hergibt. Nicht nur nimmt der Streifen etliche Genreversatzstücke auf's Korn, sondern liefert noch eine Satire auf die amerikanische Gewichtung der Familie und Kleinstädte allgemein - aber geben wir es doch zu; wir haben immer geahnt, daß diese Kleinstadttrottel ein Haufen degenerierter Schwachköpfe sind, denen man alles zutrauen kann. Leider gibt es bis auf die deutsche Laserdisc keine komplette Version; das Verleihtape ist arg verstümmelt (es fehlt z. B. das komplette Ende des Films).

Daß außerirdische Besucher nicht immer die besten Absichten in Bezug auf die Menschheit haben, ist aus etlichen Werken bekannt. Selten waren die Angreifer jedoch schrulliger und auf ihre Weise liebenswerter als die hundsgemeinen Killer Klowns from outer space, hierzulande als "Space Invaders" betitelt. Die Jungs gehen mit einer Popkorn-Kanone auf die Jagd und wickeln ihre Opfer in Zuckerwatte, um ihnen dann das Blut abzusaugen. So saublöde, wie sich der Plot in der Wiedergabe anhört, ist auch der gesamte Film. Da lockt ein Clown ein Kind aus einem Restaurant, während er hinter dem Rücken einen dicken Hammer bereit hält; da legt sich ein Rocker mit einem Alien auf einem quietschgelben Dreirad an; da kann es auch passieren, daß schon mal eine Leiche als Bauchrednerpuppe herhalten muß. Ich habe keine Ahnung, wie viel man eigentlich saufen muß, bis man auf eine solch bescheuerte Idee kommt - und wer 2 Millionen Dollar 'rausrückt, damit drei durchgeknallte Brüder die Story auf die Leinwand bringen. Gerüchte, die Killer Klowns hätten Stephen King zu seinem "Es" inspiriert, halte ich trotzdem für unglaubwürdig. Das Verleihtape ist mittlerweile schon recht schwer aufzutreiben; ein Ansehen zu fortgerückter Stunde, wenn das Publikum beginnt, langsam aber sicher von der Couch zu fallen und sich am Boden festzukrallen, weil das Zimmer sich dreht, lohnt die Suche aber auf jeden Fall. In space no one can eat ice cream!

Wo wir bei hundsgemeinen Außerirdischen sind, darf natürlich ein Film, der eigentlich zum Standard-Repertoire jedes Video-Junkies gehören sollte, nicht unerwähnt bleiben. Die Rede ist natürlich von Peter "Lord of the Rings" Jacksons Erstlingswerk Bad Taste. Der Name ist Programm dieser reinen Amateur-Produktion, die Jackson mit ein paar Freunden an freien Wochenende herunterkurbelte. Wieder mal wird ein kleines Kaff zum Schauplatz. Diesmal stellt sich den illegalen Einwanderern jedoch eine spezielle Einsatztruppe (genannt 'The Boys') in den Weg, die sich fröhlich durch die Kleinstadt metzelt. Wenigstens erfahren wir, warum Rambo immer ein Stirnband trägt: Ansonsten würde er wie Derek (dargestellt von Jackson persönlich) sein Hirn verlieren. Wer keinen starken Magen hat, sollte dem Streifen allerdings fernbleiben, denn hier wird ausgiebig wenn auch durchschaubar vor sich hin gesplattert, wobei manche Szenen äußerst absurd wirken. Hier wird respektlos mit dem menschlichen Körper Schindluder getrieben; hier dürfen echte Helden außerirdische Kotze saufen; auch schon mal kopfüber mit der Lieblingskettensäge in der Hand in einen Gegner springen; hier wird zur Freude des Zuschauers eher aus Versehen ein Schaf mit der Panzerfaust entsorgt ("Määäääääh!"). Bitte nur im Original-Ton anschauen; die deutsche Synchro ist §$%&!
Nur am Rande sei auf Braindead und Meet the Feebles des selben Regisseurs hingewiesen, die natürlich ebenso partytauglich sind, deren Bekanntheitsgrad aber mittlerweile durchaus hoch sein dürfte.

Bei dem Gedanken an Zombies fällt mir direkt C.H.U.D. II - Bud the Chud ein, der ein paar wirklich spassige Szenen enthält, die das mittlerweile wahrscheinlich auf dem Boden krabbelnde und lallende Publikum bestens unterhalten sollten. Die Story spielt  - kommt, das könnt ihr mitsingen - in einer Kleinstadt, in der ein paar Jugendliche einen Zombie-Soldaten wiedererwecken. Kurz danach kann es passieren, daß niedliche kleine Pudel, die ansonsten schon mal durch die Gegend getreten werden, den Postboten ins Gebüsch zerren; ein etwas übereifriger General das Fast-Food-Restaurant der Stadt mitsamt untoter Gäste in die Luft jagt oder auch "der gottverdammt hässlichste Friseur der Welt" seiner Kundschaft eine besondere Rasur verpasst. Der bereits erwähnte General wird gnadenlos von Robert Vaughn chargiert, der sich hier wahrscheinlich am Tiefpunkt seiner Karriere befindet und trotzdem eine Menge Spaß zu haben scheint. Nicht jeder Gag zündet und irgendwie fehlt der richtige Drive, der einen überragenden miesen Drecksfilm ausmacht, aber wenn der Streifen in der richtigen Reihenfolge dem pöbelnden, saufenden, chipsvertilgendem Pack, das sich auf eurer Couch breitgemacht hat, serviert wird, sollte dies nicht weiter ins Gewicht fallen.

Ebenso wie Bud ist auch Die Killerhand eine Mischung aus Teenie-Komödie und Splatter-Horror. Dabei verquirlte man die beste Idee von 'Evil Dead 2' - nämlich die vom sonstigen Körper getrennt agierende Hand - mit Kifferverherrlichung und gab als Zugabe noch Jessica Alba im knappen Engelsdress in den Zitatentopf. Dabei ist der Streifen für seine FSK16 ziemlich splatterhaltig geraten. Selbstvertändlich hat der Film nicht das geringste Niveau, ist der Humor mit dem Holzhammer eingeprügelt und stellt die Story keinerlei intellektuelle Herausforderung dar. Das Party-Publikum, das mittlerweile wahrscheinlich Schwierigkeiten hat, auf allen Vieren zu krabbeln, wird ihn gerade deshalb mögen. Wegen einiger Szenen in einer Schule setzte Pro7 den Film übrigens kurzfristig ab, weil man wohl befürchtete, daß der Zuschauer Parallelen zu Erfurt sehen könnte - bodenloser Schwachsinn natürlich. Stoiberle würde den Streifen wahrscheinlich in sein Herz schließen und dort für immer einmauern. Allein Jodo weiß, warum wir den Streifen nur mit Hindi-Untertiteln schauen.

Von einem ganz anderen Kaliber, aber nicht weniger psychopathisch, sind die Zeichentrickwerke von Frederico Vitali. Zwei seiner Serien sind jeweils komplett als englische Kaufkassette erschienen. Guano versammelt eine ganze Menge teilweise nicht mal eine Minute langer Episoden, in denen es sich hauptsächlich um Sex, unnötige Gewaltanwendung, vorzeitiges unfreiwilliges Ableben und das Ausscheiden diverser Körperflüssigkeiten von Mensch und Tier dreht - teilweise kommt auch alles zusammen. Dabei ist jede Folge vollkommen sinnfrei und erfordert schon eine besondere Art von Humor. Sehr viel mehr Spaß macht das Serial Lava Lava. Die mehrminütigen Folgen sind zwar glücklicherweise immer noch vollkommen sinnfrei, sind aber wesentlich besser animiert und zudem mit den abgefahrensten Geräuschen unterlegt, die ich jemals vom Bildschirm her vernommen habe. Wo sonst schikaniert ein miesgelaunter Weihnachtsmann seinen besoffenen Elch; mißhandeln Außerirdische mit wachsender Begeisterung einen Köter, auf den vorher ein sadistischer Gartenzwerg mit der Schrotflinte geballert hat; verprügeln Schafe ihren nervigen Wachhund; gerät ein Krippenspiel vollkommen ausser Kontrolle oder wird einer liebesbedürftigen einbeinigen debilen Taube von ihren Artgenossen das Holzbein weggetreten? Dabei reiht sich so schnell Gag an Gag, daß man beim ersten Ansehen gar nicht alles mitbekommt. Meist hat das Publikum zum Ende der knapp 40-minütigen Chaosorgie mehr Tränen vergossen als bei den handelsüblichen Rührschmonzetten. Aus diesem Grund will eine Platzierung innerhalb der Schaureihenfolge gut überlegt sein, denn dieses Highlight ist kaum noch zu toppen ("Mäp! Mämäp! Määäp!")!

Für den ersten Teil dieses Specials sollte die kleine Auswahl an miesen, niveaulosen und/oder billigen Filmen reichen. Demnächst gibt es mehr Anregungen für die feucht-fröhliche Videonacht.


2002 Hannes Schwarz