Original-Titel: | The Evil Dead |
Herstellungsland: | USA 1982 |
Regie: | Sam Raimi |
Buch: | Sam Raimi |
Darsteller: | Bruce Campbell
Ellen Sandweiss Hal Delrich |
Hierzulande gilt "Evil Dead" - wie der Streifen
im Original heißt - als das Vorzeigevideonasty schlechthin.
Fast ein Jahrzehnt lang war der Film beschlagnahmt (siehe auch Beitrag
"Eine Zensur
findet nicht statt") und das (ungeschnittene) Original-Videoband wurde
zu Höchstpreisen um die 1.000,- DM unter Videomaniacs gehandelt. Am
Beispiel von "Evil Dead" zeigt sich aber auch, wie sinnlos solche Verbote
sind, denn unzählige Kopien von Kopien sowie Bootlegs kreisten durch
die Fangemeinde, zumal jeder Jugendliche zumindest zu meiner Zeit diesen
Streifen gesehen haben mußte, eben weil er verboten und als Inbegriff
des "schlimmsten Films aller Zeiten" vermystifiziert wurde. Auf keiner
Videohorrorparty durfte dieser Streifen fehlen, weil man zum einen dem
Rest seiner Freunde beweisen konnte, daß man durchaus in der Lage
war, einen so "schrecklichen" Film ohne weiteres auszuhalten und sich andererseits
die Gelegenheit ergab, ein Mädchen schützend in den Arm zu nehmen.
Wer heute diese Amateurproduktion sieht, kann
in den seltensten Fällen die damalige Aufregung nachvollziehen. Von
"Massenmord", wie einige Blätter reißerisch berichteten, kann
schon alleine anhand der Castlist, die gerade einmal fünf Personen
umfasst, keine Rede sein. Den (zugegeben) sehr blutigen Effekten sieht
man ihre Herkunft aus dem Bereich der Haushaltswaren an, obwohl manche
Szene durchaus an die Nieren gehen kann - dann jedoch eher aus dem Kontext
statt aus der puren Ekelwirkung heraus. Die wahren Stärken des Filmes
liegen denn auch nicht in den Splattereffekten, sondern in der unheimlichen
Atmosphäre und der gelungenen Kameraführung. Von "Gewaltverherrlichung"
bzw. "Verletzung der Würde des Menschen" kann keine Rede sein, zumal
das Töten von besessenen Menschen hier keinesfalls als "angenehmer
Zeitvertreib" geschildert wird. Das Hauptaugenmerk liegt auf den wunderbaren
Kamerafahrten und Einstellungen, mit denen der Zuschauer in zunehmendem
Maße terrorisiert wird.
Wäre "Evil Dead" nur ein weiteres billiges
Ekelfilmchen wie z. B. d'Amatos Schundwerke "Man Eater" oder "Absurd",
würde heute kein Hahn mehr danach krähen. Dank Sam Raimis Talent,
der in diesem Film herkömmlichen Grusel mit expliziter Gewaltdarstellung
mischte, kam ein überdurchschnittlicher, wenn auch vom Inhalt her
belangloser Beitrag zum modernen Horrorfilm heraus, der eine ganze Generation
von jungen Filmemachern beeinflussen und Raimis Karriere als Produzent
und Regisseur starten sollte (als Nebeneffekt bescherte uns der Streifen
so unzählige als auch meist unsägliche Amateurproduktionen und
RipOffs wie z. B. den an anderer Stelle beschriebenen "Evil
Clutch", die weder vom formalen noch vom atmosphärischen Standpunkt
aus gesehen mit dem Original mithalten konnten).
"Evil Dead" ist immer noch eine der gelungensten
Horrorachterbahnfahrten des Genres überhaupt, die den ernsthaften
Ton mit mancher eher augenzwinkernden Einlage bricht und zudem versteckt
auf andere Horrorflics des Genres verweist. Manche Maske oder Aufnahme
des Filmes ist immer noch geeignet, dem nervenschwachem Zuschauer ein paar
Alpträume zu bescheren.
Erstaunlich ist die Geschlossenheit des Streifens,
wenn man bedenkt, daß über zwei Jahre an der Fertigstellung
gearbeitet wurde, wobei die Räumlichkeiten, die als Kulissen herhalten
mußten, geographisch sehr weit auseinanderlagen (so verfügte
beispielsweise die Hütte über kein Untergeschoß. Man grub
lediglich ein Loch in den Boden, in dem ein Darsteller Platz fand. Die
Sequenzen, die innerhalb des Kellers spielten, wurden an einem ganz anderen
Ort aufgenommen).
"Evil Dead" gehörte für mich natürlich
zu meiner Jugend dazu, weshalb ich ihm Schwächen wie die wenig einfallsreiche
Story, die durchschaubaren Spezialeffekte und die durch die lange Produktionszeit
bedingte Fülle an Anschlußfehlern verzeihe. Von dem Standard
herkömmlicher Amateurproduktionen ist Raimis erster abendfüllender
Spielfilm zudem meilenweit entfernt, was für das große Talent
dieses Filmemachers spricht. Allerdings gab Raimi damit auch ein Versprechen,
daß er in der Folge nicht einlösen konnte. Auf einen ähnlich
wegweisenden Beitrag wartet das Publikum heute noch - trotzdem dürfte
Raimi dank der "Spiderman"-Inszenierung als auch seiner erfolgreichen TV-Produktionen
mittlerweile sehr gut verdienen.
Für den Sammler unverzichtbar ist die "Elite"-DVD
(leider heute nicht mehr ganz einfach zu bekommen), die neben dem eher
lustlosen Audiokommentar von Raimi noch den von Hauptdarsteller und Kultstar
Bruce Campbell enthält. In unglaublich locker-schnoddriger Weise erklärt
Campbell informativ Details des Filmes und steuert manche Anekdote bei,
wobei man aufgrund des Erzählstils von Campbell kaum aus dem Lachen
herauskommt ("Look at this stupid shoes!"). Ich wage fast zu behaupten,
wer diesen AK nicht kennt, kennt nur die Hälfte von "Evil Dead".
2002 Hannes Schwarz